26. Sonntag im Jahreskreis A, Pfungen 1. Oktober 2023
Wenn sich der Schuldige von seinem Unrecht abwendet wird er sein Leben bewahren (Ez 18.27)
Liebe Mitchristen,
Es ist schwer Angesichts der Missbrauch Berichte in der Schweiz überhaupt an den Altar zu treten und zu predigen. Zumal einige die Meinung vertreten, bei der Predigt soll man abschalten, da es ein Berieseln für sie bedeutet. Derzeit ist eine Erosion oder lieber Exodus aus der Kirche zu verzeichnen, denn manche sagen, diese Kirche hat Schuld auf sich geladen und das Vertrauen missbraucht, dass sie eine solche Kirche nicht mehr unterstützen wollen. Es herrschen Jahre der Vertuschung und Schweigen, Jahre des Versetzens der Täter und weniger Täterrinnen an einem anderen Ort. Jahre in dem die Täter quasi geschützt wurden und die Opfer dem Wolf überlassen wurden. Momentan reagiert die Kirche kopflos, denn die Leitung ist massiv angeschlagen, der Hirte ist angeschlagen und die Herde ist zerstreut und orientierungslos.
Der Prophet Ezechiel schildert zunächst die Anklage der jüngeren Generation des Volkes Israel gegen Gott, den sie als ungerecht sehen. Für sie ist es ungerecht, wenn Gott die Sünden der Väter an ihren Nachkommen bestraft. Gott lässt erkennen, dass die Ungerechtigkeit bei den Menschen liegt. Sofern Menschen bewusst Unrecht tun, werden sie sich für ihr Verhalten verantworten müssen. Sollte aber dieser Sünder irgendwann seine Fehler einsehen und bereuen und umkehren, dann wird er leben vgl. Ez. 18, 27ff).
Schuld ist momentan ein großes Thema in der Schweizer Kirche. Wir schämen uns für die Täter, die jahrelang ihre Schutzbefohlenen missbraucht haben. Wir schämen uns für die Eltern, die ihren Kindern nicht geglaubt haben, wir schämen uns für die Bischöfe, die solche Täter wieder anderswo hin versetzt haben, wo sich die Aggression an Minderjährigen fortsetzte. Ganz besonders denken wir aber an die Opfer, welche jahrelang an den Auswirkungen zu leiden haben.
Wie wir sehen, hat Sünde einen sozialen Charakter. Zwar ist jeder für sein Verhalten zuständig, doch in einer Gemeinschaft und Beziehungen hat die Tat eines Mitgliedes eine enorme Auswirkung auf das ganze Volk, oder die Familie. Die Igbo sagen, wenn ein Finger sich mit dem Öl befleckt, wird es auch die restlichen anderen Finger erreichen! Alle stehen heute unter Generalverdacht, besonders die Priester. Neuerlich wurde von einem Priester berichtet den man physisch attackiert und angespuckt hat, weil er ein Priester ist. Jesus hat uns mit der Taufe aufgefordert ihm nachzufolgen und unser Kreuz zu tragen. Zugegeben das jetzige Kreuz wiegt sehr schwer für die katholische Kirche. Die Austritte aus der Kirche sind enorm, das Schiff ist in eine Schieflage geraten und tummelt auf offener See. „Wenn er alle Vergehen, deren er sich schuldig gemacht hat, einsieht und umkehrt, wird er am Leben bleiben“ (Ez, 18.28) Hier zeigt sich Gott als Gott der Barmherzigen. Hier unterscheidet er sich von menschlichen Urteilen. Es geht hier um einen Prozess und eine Entwicklung der Beziehung mit Gott und den Mitmenschen. Die bedingungslose Liebe Gottes ist ja die Voraussetzung dafür, dass wir umkehren und unsere Schuld bekennen.
Beten wir füreinander und besonders für alle, die eine Leitungsposition in unserer Kirche innehaben, um Einsicht und Umkehr. Er schenke allen die Kraft, die Last der Schuld und deren Effekte zu verkraften. Er schenke den Opfern von Missbrauch auch die Kraft, denen zu verzeihen die ihnen großes Leid zugefügt haben, denn nur so können sie sich von der Last befreien. Er gebe auch uns die Kraft zum Kulturwandel durch die Präventionsmaßnahmen, dort zu reagieren und anzusprechen wo Dinge passieren. Wenn Gott mit uns alle Tage bis ans Ende der Welt geht, so hoffen wir, dass wir durch diese Krise und Zunft des menschlichen Abgrunds herauskommen werden…Amen.